Mittwoch, 11. Mai 2011

Das ewig Gestrige ...

Diese Blog richtet sich an die nicht mehr wirklich Jugendlichen - also an meine Altersgruppe. Was nicht heißen soll, dass Jüngere oder Ältere ihn nicht auch lesen dürfen! :-)
Während des größten Teils unseres Lebens war das "Gestrige" ein Tun, das vor unserer Geburt lag. Das ließ sich trefflich beschimpfen. Vor allem das Verständnis dafür, dass etwas uns absolut nicht Nachvollziehbares für die Generation meiner Eltern Bestandteil der Lebenswirklichkeit war, ging mir/uns völlig ab.
Zu meiner/unserer Lebenswirklichkeit hingegen haben völlig selbstversändlich obligate Passkontrollen an den Grenzen gehört. Das ist sei Schengen Vergangenheit - oder sollte es sein. Nun ist es Gestrigen in Regierungskreisen von Dänemark gelungen, den Staat zu regelmäßigen Grenzkontrollen zu bewegen. Wehe den "Alten" (wie mir...), die der Versuchung erliegen, das als etwas Normales, weil Altbekanntes anzusehen! Das ist ein unerhörter Vorgang! Und der zeigt uns, dass die Gestrigen unter uns sind. Uns "Alten" ist das Gestrige bekannt. Dadurch verliert es seinen Schrecken, ist aber nicht minder schändlich!

Samstag, 19. März 2011

Helden!

Heldentum – welch‘ ein verratenes Wort! Helden, das waren und sind hirnlose Selbstmörder, die in völlig aussichtsloser Situation die Fahne eines Landes hochreckten, das sich nicht entblödete, sich als „Vater“-Land zu kaschieren, um sich und andere in einen schrecklichen und sinnlosen Tod zu verrennen. Helden, das waren und sind Heerscharen tumber Idioten, die wie die Lemminge im Gelichschritt in einen Kampf marschieren, um den weichen Arsch selbstsüchtiger Despoten warm zu halten. Helden töten und Helden sterben – ein Wahnsinn! Und – ach ja: Helden der Arbeit gab es auch, die sich bis zur Selbstaufgabe in den Dienst einer tyrannischen Ideologie stellten. Sie haben ihr Leben vertan und dafür nach Jahren einen Fresskorb und eine Urkunde erhalten, bevor sie den Rest ihres trostlosen Daseins in einer Zwei-Zimmer-Wohnung fristeten.

Dabei ist Heldentum im Grunde etwas großartiges. Nun haben wir nicht vergessen, sondern so gut wie noch nie erfahren, worin das Großartige liegt. Seit wenigen Tagen wissen wir es.

In Japan verabschieden sich derzeit einige hundert Männer von ihren Familien. Sie tragen keine Waffen, sie tragen Schläuche. Sie huldigen keinem Tyrannen. Sie weinen beim Abschied und geben zu, dass sie große Angst haben. Sie schaden niemanden, sind nicht aggressiv. Ihr Pflichtbewusstsein ist echt, weil frei(!)-willig, ihre Liebe für ihre Mitmenschen unsagbar. Helden – ja! Mir fehlen die Worte, um meiner Bewunderung für diese Menschen Ausdruck zu verleihen.

Montag, 14. März 2011

Man kann janitt so dumm denke...

Redensarten treffen nicht häufig „den Nagel auf den Kopf“ (eine Redensart). Oft sind sie mundartlich und haben deshalb eine bodenständige Gemütlichkeit inne, was nicht dazu verleiten darf, sie nicht ernst zu nehmen. Meine Mundart ist „Kölsch“, auch wenn ich sie kaum noch beherrsche. Aber mitunter fallen mir kölsche Redensarten ein, die es vermutlich auch in anderen Dialekten gibt.

Zu der nun schon in der zweiten oder gar dritten Generation wütenden Diskussion über die Nutzung der Kernenergie, die nun aus so furchtbaren Anlass neu entflammt ist, trage ich mal diese bei: „Man kann janitt so dumm denke, wie et kütt!“  Eben dies‘ ist die Hybris des Menschen. Dass er glaubt, jede Eventualität in seine Überlegungen mit einbeziehen zu können. Der Kölner (und gewiss auch andere) weiß es besser.

Ob er (der Kölner) allerdings recht hat mit dem Spruch: „Et hätt noch emmer jot jejange!“, sei angesichts der Ereignisse infrage gestellt. Oft erinnere ich mich an einen Zwischentitel in einem dokumentarisch aufgemachten Schwarz-Weiß-Spielfilm, der einen Atomangriff simuliert. Da heißt es: „Es ist ohne Beispiel in der Geschichte, dass die Überlebenden die Toten beneiden.“  

Samstag, 12. März 2011

Keine Ausreden mehr!

Die evangelische Kirche stellt die Fastenzeit in diesem Jahr unter das Motto: „Ich war’s!“ und meint damit: „Keine Ausreden mehr!“ Dass sie damit au das katholische Prinzip der Beichte zurückgreift, ist ihr entweder nicht bewusst oder sie nimmt es billigend in Kauf. Aber deswegen muss die Absicht ja nicht schlecht sein. Also  - dann fangen wir mal damit an.

„Ich wa’s!“, sage ich meinen Kindern, wenn ihre Welt nicht mehr lebenswert, weil an vielen Orten verstrahlt ist. Ich habe jede Nacht den Fernseher und andere Geräte unter „stand-by“ laufen lassen. Ich habe die Steckdose zum Kühlschrank im Hauswirtschaftsraum nicht herausgezogen, auch wenn nur eine Flasche Bier darin stand. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, die Glühbirnen durch Stromspar-Birnen auszutauschen.

Wir haben in einem Haus gewohnt, das im Winter Wärme in den Garten geblasen hat, mit der man ein Hallenbad hätte heizen können. Und dieses Haus stand an einem Ort von dem aus wir jeden Tag 100 Kilometer zu unseren Arbeitsplätzen hin und zurück fahren mussten.

Wir waren eifriger Bestandteil einer Gesellschaft, deren unstillbarer Hunger nach Energie in die Katastrophe führte!

Wie schön wäre es, jetzt mit dem Finger auf andere zeigen zu können, wie die Dreijährigen im Sandkasten. „Der war’s!“ Die bösen Politiker und die profitgierigen Energie-Unternehmen. Doch sie willfahren letztlich nur unserem Willen.

Wie schön wäre es, jetzt mit den Achseln zucken zu können und die beliebteste aller Ausreden ins Feld zu führen: „Was kann der einzelne schon ausrichten!“ Was die Summe der Willen einzelner aus- oder besser anzurichten vermag, sehen wir dieser Tage in Fukushima.

Aber bei uns kann das ja nicht passieren.

KEINE AUSREDEN MEHR!     

Sonntag, 27. Februar 2011

Stirbt der Beruf "Journalist" aus?

Ich freue mich sehr darüber, eine Reihe von Lesern zu haben! Noch mehr würde ich mich freuen, wenn ich mal eine direkte Antwort – in welcher Form auch immer - bekäme. Ganz gleich, ob per Mail, via facebook oder hier als Kommentar. Insbesondere zu diesem Blog.

Ich habe zunehmend das Gefühl, dass an mir als Journalist ein Zug vorbei rast. Wie ich ein/zwei Blogs zuvor schon einmal anmerkte, befinden wir uns m.E. inmitten einer nicht gekannten gesellschaftlichen Revolution. Das betrifft auch und vor allem die Medien. Mein ganzes Leben lang war es die Presse, die als Institution den Menschen die Aktualität präsentierte. Mehr oder minder frei. Diese Zeiten sind, seit es youtube und facebook und das Internet überhaupt gibt, definitiv vorbei.

Dieses Phänomen auf den technischen Unterschied zwischen Papier und Monitor als  „Trägermaterial“ zu reduzieren, ist nichts anderes als dumm. Nein, es geht um den Transport von Nachrichten, von news, der immer weniger von Presseorganen und immer mehr durch soziale Netzwerke übernommen wird. Das gilt für große, wie für kleine Ereignisse. Der Umsturz in Kairo und jetzt in Libyen wird uns via Handycam gezeigt. Ja, das Fernsehen griff in seiner Not ja bereits auf Beiträge aus dem Internet zurück und präsentierte sie in Nachrichtensendungen. Und von dem Amoklauf-Alarm an der KGS in Rastede wussten hunderte von Schülern und Eltern per facebook lange, bevor es irgendwelche Medien melden konnten oder wollten.
Brauchen wir also überhaupt noch professionelle Journalisten? Und wenn ja, in welcher Form? Gleich werde ich im web nachschauen, wie Werder gegen Leverkusen gespielt hat. Da warte ich doch nicht auf die Nachrichten um 21:45 Uhr oder die Zeitung von morgen früh! Gut, hier kommt die Meldung noch von einer offiziellen Website – bundesliga.de. Aber es wird gewiss auch per youtube oder twitter zu erfahren sein.
Welchen Dienst kann ich als Journalist dem Leser noch anbieten? Sicher kann ich mich an den PC setzen und meine durchaus lesbare und in Teilen –je nach Thema – auch fundierte Meinung absondern. Aber wie soll es in Anbetracht der Vielzahl von Menschen, die sich mitteilen, gelingen, eine in dem Maße beachtete Message zu haben, dass man dafür einen der Mühe entsprechenden Lohn erhält? Stirbt der Journalist aus, wie der Kirschner oder der Scherenschleifer?

Fragen, die mich wirklich bewegen.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Fehler

Diese Glosse habe ich vor mehr als zehn Jahren geschrieben. Aus aktuellem Anlass veröffentliche ich sie heute noch einmal - mit kurzen Aktualisierungen:


Der Begriff – natürlich in einer anderen Sprache – stammt vielleicht aus der Antike, als Homer von einem listenreichen Kriegsherren zu berichten wußte, der sich innerhalb eines Holzpferdes bei seinen Feinden einschlich. Einschleichen gilt seither als eine hinterlistige Form der Kriegsführung. Heute schleichen sich Begriffe ein – und das ist mitunter nicht weniger feindseelig.

Zu loben ist in diesem Zusammenhang die Brandmarkung zum „Unwort des Jahres“. Dabei ist es durchaus nicht das Wort selbst, das zu tadeln ist, sondern der Kontext, in den es gesetzt wird. So betrachtet ist mein „Unwort des Jahres“ das simple Wörtchen „Fehler“.

Ein Fehler ist gemäß meines Sprachgefühls ein – wohlgemerkt! – unbeabsichtigtes Mißgeschick, das geringfügige oder leider mitunter auch schwerwiegende Konsequenzen hat. Wenn Politiker aber einem wohldurchdachten Kalkül folgend und von langer Hand geplant Millionen durch halb Europa schieben, um ihre Partei und damit indirekt sich selbst ungerechtfertigt zu bereichern, wenn „schwarze Kassen“ mit Geldern von sogenannten „ehrenwerten Bürgern“ – will sagen: dubiosen Gestalten – gefüllt werden, dann ist den ausführenden Organen kein Mißgeschick – kein Fehler also – unterlaufen, sondern es ist ein Verbrechen verübt worden.

Aktualisierung: Genauso verhält es sich, wenn jemand bei der Arbeit an einer wissenschaftlichen Dissertation alle drei Seiten vergisst, ein Zitat 1) nicht mit An- und Abführungszeichen zu versehen, 2) (!) die dazugehörige Fußnote zu setzen und 3) (!!) es im Literaturverzeichnis am Ende des Textes zu vermerken. Das ist schlicht Betrug.

Und nun rollt der eine mit schrägem Kopf vor die Mikrophone und jammert, Schuldbewußtsein heuchelnd: „Es sind Fehler gemacht worden.“ und der andere bagatellisiert mit triefenden Augen und sabberndem Maul vor einer Herde naiver Claquere: „Ich habe Fehler gemacht!“ 

Aktualisierung: Und der dritte behauptet, ihm seien die Fehler bei einer abendlichen Lektüre aufgefallen. Es soll Doktoranden geben, die lesen ihre Dissertation durch, bevor sie abgegeben wird. Hat nämlicher Dritter den Text vielleicht nun zum ersten Mal gesehen?


Und die tumbe Volksseele tümelt in blinder Fraternisierung mit dem eigentlichen Feinden der Republik: „Naja, Fehler machen wir doch alle. Das ist doch nur allzu menschlich!“

Freitag, 11. Februar 2011

Die wahren Abenteuer sind im Kopf…

…und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo. (André Heller) Mit den Abenteuern oder der Freiheit ist das schon ein merkwürdig Ding. Hat man sie, fühlt man sich verloren, ohne Halt und bisweilen einsam. Man wünscht sich Geborgenheit und das Gefühl, irgendwo dazu zu gehören. Findet man diese Geborgenheit, dann fehlt einem die Freiheit und man will sich erneut losreißen.

Allerdings ist man gar zu rasch bereit, seine Freiheit aufzugeben, zögert aber lange, sich wieder in die Freiheit zu begeben. Das spricht für das gebunden sein. Selten allerdings hat man wirklich die Wahl. Und also singt man das hohe Lied auf die Freiheit genauso wie auf die Bindung. Es bleibt einem eh‘ nichts anderes übrig.

Was aber, wenn man die Wahl hat?

Man wird feststellen, dass beide Situationen ihren Preis fordern. Und also fragt man sich, welchen Preis man zu zahlen bereit ist. Und am Ende der Überlegung wird man das begreifen, das André Heller erkannt hat: Die wahren Abenteuer sind im Kopf. Aber heißt das, sie sind eine Illusion? Nein, genauswenig, wie Gerechtigkeit und Gott eine Illusion sind. Es gibt sie, wenn man sie im Kopf hat. Und sind sie nicht im Kopf...

P.s.: Wer jetzt glaubt, ich schreibe von der Beziehung zu meiner Frau, liegt aber sowas von daneben…